„Sind Briten hier?“ – Die Engländer an Rhein und Mosel
Mittelrhein-Museum Koblenz
„Sind Briten hier?“ – Die Engländer an Rhein und Mosel
Laufzeit: Samstag, 27. Februar 2016 – 12. Juni 2016
Eröffnung: Freitag, 26. Februar 2016, 19:00 Uhr
Schon Goethes Mephisto kannte das Phänomen, als er sich im Faust II erkundigte:
„Sind Briten hier? Sie reisen sonst so viel,
Schlachtfeldern nachzuspüren, Wasserfällen,
Gestürzten Mauern, klassisch-dumpfen Stellen;
Das wäre hier für sie ein würdig Ziel.“
Englische Künstler gehörten mit zu den eigentlichen Entdeckern der landschaftlichen Schönheiten von Rhein und Mosel, schon seit Ende des 18. Jahrhunderts besuchten sie die Region. Bereits ein Jahr nach der Schlacht von Waterloo (1815) fuhr das erste Mal ein Dampfschiff von London nach Köln, im gleichen Jahr, 1816, reiste auch der englische Dichter Lord Byron an den Rhein und besang den Drachenfels. Sein Gedicht vom „Castle’d Crag of Drachenfels“ regte zahllose englische Touristen an, den Rhein zwischen Köln und Mainz zu besuchen. Er konnte mit einem Publikum rechnen, dessen Geschmack durch die sogenannte Schauerromantik des 18. Jahrhunderts geprägt war, die sich in zahlreichen Romanen, den „Gothic novels“ niederschlug. Diese ungeheuer populären Romane spielten in gruseligen Burgruinen, verfallenen Klöstern sowie winkeligen Stadtmauern. Die Täler von Rhein und Mosel mit ihren alten Städten und zahllosen Burgen boten in geradezu idealer Weise die passende Kulisse für Romane wie Mary Shelleys Frankenstein. Entsprechend zeichneten die ersten englischen Künstler, die den Rhein noch vor der napoleonischen Zeit besuchten, ein heute überaus verfremdendes Bild der Landschaft mit übersteigerten Perspektiven, alpin wirkenden Bergen und steilsten Tälern. Während der napoleonischen Zeit waren kaum Künstler am Rhein zu finden, erst nach 1815 stieg wieder ihre Zahl – und zwar rasch. Sie skizzierten den Rhein für einen schnell expandierenden Markt und schufen Ansichten für einen wachsenden Bedarf an illustrierten Reiseführern. Bereits Ende der 1820er Jahre kamen jährlich über 26000 Engländer an den Rhein, die zu einer Hauptstütze für die beginnende Tourismuswirtschaft wurden.
Ihnen folgten zahlreiche Künstler, um den anspruchsvollen Bedarf des Publikums nach romantischen Rheinansichten zu stillen. Clarkson Stanfield und sein Sohn George gehörten dazu, über 40 Jahre lang skizzierten sie den Rhein und die Nebenflüsse Lahn und Mosel. Mitte der 1830er Jahre waren diese rheinischen Ansichten aus den jährlichen Ausstellungen der Royal Academy in London nicht mehr wegzudenken, in manchen Jahren wurden bis zu 35 rheinische Gemälde gezeigt.
Zu den charakteristischen Blickpunkten am Rhein gehörte die Festung Ehrenbreitstein – sie war aus historischen Gründen und durch ihre Rolle im Krieg gegen Napoleon den Engländern ein feststehender Begriff. Ihr wird innerhalb der Ausstellung ein eigener Blickpunkt mit Werken von James Webb (1825 – 1895), George Clarkson Stanfield ( 1828-1878) und William Callow (1812 – 1908) gewidmet, der die unterschiedlichen künstlerischen Sichtweisen von Realismus bis fast zur Phantastik gleichsam durchspielt.
Neben den Künstlern der Royal Academy spielten in der englischen Rheinrezeption ebenfalls die Aquarellisten eine wichtige Rolle, die in überaus feinen, detailreichen Ansichten auch die weniger populären, dafür aber für den heutigen Betrachter umso interessanteren Blickpunkte an Rhein und Mosel dokumentierten. Zu ihnen zählen Thomas Miles Richardson (1813 – 1890) und der schon genannte William Callow, aber auch Joseph Mallord William Turner (1775-1851), der bereits 1817 den Rhein erstmals besuchte. Er ist in der Ausstellung mit einer Arbeit aus der Zeit um 1830 vertreten, die auf einer Skizze von seiner ersten Moselreise von 1824 beruht.
In Kooperation mit der Sammlung RheinRomantik Bonn und dem Siebengebirgsmuseum Königswinter sowie weiterer öffentlicher und privater Leihgeber spürt die Ausstellung des Mittelrhein-Museums diesem Phänomen anhand zahlreicher Gemälde, Skizzen und Aquarelle nach; ergänzt wird die Ausstellung durch englische Reisehandbücher und Berichte englischer Autoren.